Liebes Tagebuch – von Kleidsen, Sonne, die große Sandkiste und die dreckisse Mehrwasser

Heute hat die Theresa, die wo die Frausen von die Jolie is, die wo mein allerbeste Hundefreundin is, Kleidsen kaufen gehen tun müssen. Hat die Theresa tun müssen wegen die Diebe, die wo gekommt sind und ein Bestehlung gemacht haben tun, weil, die haben die Zauberdings von die Theresa mit Scheibeeinschmeißen Aua machen getut und die Theresa ihr sein Tasche mitgenehmt.

Ein Auto ist für Tiffi ein beseeltes Lebewesen mit Gefühlen, das er Zauberdings nennt.

Weiß keiner, wer die Diebe sind, nis mal die Polizei tut die kennen, und da drum kann man jetzt nis einfach zu den Dieben hingehen und denen sagen, dass Bestehlung total verbietet is und sie die Theresa ihr sein Tasche wiedergeben tun müssen. Müssen die wirklis, weil, da is ein große Problem: Die Theresa hat alle ihr sein Anziehsachen aus die Schrank bei ihr sein Zuhause in die Tasche reingetut. Die Tom, die wo die Herrsen von die Jolie is und die Theresapapa Volker, die sind die ganse Gesterntag von die Uhrlaub hier bis nach die Zuhause in Münsen zurückgefahrt, weil, wollen die von da neue Sachen für die Theresa holen. Is aber nis viel zum Holen mehr da. Dass man die Diebe nis kennen tut, tut die ganse Sache total unnötis verkompilizieren, weil, wenn die Diebe wissen tun täten, dass die Theresa jetzt gar kein Sachen mehr haben tut, dann täten die sie bestimmt ihr sein Tasche wiedergeben. Kann ja keiner wollen, dass wer nackis rumlaufen tut. Is wirklis ein große Fehler in die Konstruktuierung von die Menschen, dass die liebe Gott die Fell vergesst hat! Was is ja nis verstehen tu, is: Ok, hat die liebe Gott ein schlechte Tag haben getut, is die liebe Gott vielleicht von die Gesinge von die Engelsen bissi abgelenkt gewest und hat er vergesst, Fell an die Menschen dran zum machen – aber wieso tut die liebe Gott das denn nis ausbessern? Wieso tut der liebe Gott die Menschen mit sein Fehler rumlaufen lassen? Is nis ristis, wen anderst zum strafen für was, was man selber verbockt haben tut! Kannst du ja sehen, was die Folge is, liebes Tagebuch: Muss die arme Theresa Kleidsen kaufen und trauris sein, weil alle Kleidsen weg sein tun, nur weil die liebe Gott ihr sein Fell vergesst hat und sie so rumlaufen lassen tut! Is nis lieb von die liebe Gott!

Aber nackis is die Theresa nis, da muss man ehrlis sein, weil, hat sie ja noch die Tischört und die Rock, die wo sie an sis dran haben getut hat, als die Diebe ihr sein Sachen aus die Zauberdings gestehlt haben tun. Is schon merkwürdis: Ein Fell tut völlis reichen, is total genug. Anziehsachen bei die Menschen tun anscheinend nie nist reichen und nie nist genug sein, weil, Menschen tun an jede Tag was andres über sis drüber ziehen. Is tu ja schon die ganse Zeit total scharf mit alle mein Verstand, der wo in mein Kopf drin is, nachdenken, wer die Diebe sind. Aber is schwieris. Is nur klar: Müssen Menschen sein, weil, kein Tier täte Anziehsachen stehlen. Und müssen Weibsenmenschen sein, weil, is ja die Tasche von die Theresa gestehlt, die Tom seine is noch da. Männsenmenschen tun ja keine Weibsenkleidsen anziehen! Also is tu jetzt alle Weibsenmenschen, die wo mis begegnen tun, gans genau beriechen, weil, wenn is wen finde mit Anziehsachen, die wo nach die Theresa riechen tun, dann sind das die Diebe, is klar, oder?

Bin is natürlis sofort mitgegeht mit die Theresa für neue Kleidsen zum kaufen, weil, is gut für mein Riechaufgabe: Kleidsen tut man in Laden kaufen, und wo Laden is, sind Menschen, und wo viele Menschen sind, kann is vielleicht die Diebweibsen riechen. Die Frausen und die Herrsen und die Jolie und die Theresamama Evi sind auch mitgegeht. Hab is die Jolie natürlis gleich von mein geniöse Riechplan verzählt, aber die Jolie hat sagen getut, können auch Männsendiebe gewest sein, die wo die Theresakleidsen für ihr sein Freundin gestehlt haben tun oder zum Verkaufen. Die Jolie is halt wirklis klug! Aber haben wir trotzdem beide beschließt, die Nasen offen zum halten, weil, zwei Nasen tun mehr riechen als nur eine. Und is ja nis ausgeschließt, dass es trotzdem Weibsendiebe gewest sind. Stell dis vor, liebes Tagebuch, bei die Läden hier in die Italienland, da is verbietet, dass Hunde reingehen tun. Aber nis alle. Klein Hunde als wie mis und die Jolie, die dürfen. Weiß is nis, wie is das finden soll. Is natürlis prima, dass is mit die Frausen mit in die Laden darf, weil, kann is doch die Frausen nis alleine lassen! Aber eigentlis tu is nis finden, dass is ein klein Hund bin. Also bin is natürlis bissi mehr klein als wie ein Dogge, aber bin is doch auch viel mehr groß als wie ein Schiwauwau. Also bin is klein, aber auch groß, aber auf gar keine Fall bin is einfach nur klein!

Und dann bin is mit die Frausen und mit die Herrsen in ein Stadt gewest, heißt Kaole. Tut gans gut passen, die Name, weil, kao bin is gewest und die „le“ hinten dran wie bei „Tierle“, was meinen tut „kleine Tierlein“. Kao is nämlis ein kleine Stadt, mit so kleine Häuser, die wo gans nah zusammengedrängt sein tun.

Da is was, was is mis nis erklären können tu und was is nis verstehen tu: Die Frausen hat die Herrsen verzählt, dass sie da schon mal gewest is, in Kaole, nämlis mit ihr Papa. Hab is gans genau hören getut, wie die Frausen das laut verzählt haben getut! Aber das kann gar nis sein, weil, is bin da noch nie gewest, da bin is total gans sicher, und is bin immer mit die Fransen zusammen gewest. Wann will die Frausen denn bittesön da gewest sein, geht ja gar nis, weil, dann täte is da auch gewest sein und is bin da eben nis gewest! Und überhaupts is die Papa von die Frausen totgesterbt und bei die liebe Gott in die Himmel und bei die Engelsen und is gar nis hier! Is glaub, das tut mit die Sonne zusammenhängen, liebes Tagebuch. Die Sonne hier in die Italienland, die tut viel mehr Licht machen als wie bei mis in die Deutscheland. Is viel mehr heiß hier, so arg, kannst du gar nis in die Sonne rumstehen, weil, sonst tut dis gleich die Zunge raushängen. Is glaub, die Frausen is bissi zu lang in die Sonne gesteht und is die Gehirn in ihr sein Kopf drin heiß gewerdet. Kommt da drum, weil Menschen ja unbedingt auf die Hinterbeine laufen tun wollen, da is der Kopf oben viel zu nah dran an die Sonne! Is schon komisch gewest, weil die Fraussen hat die ganse Zeit irgendwas gesucht. Aber nis die Diebe oder die Kleidsen von die Theresa, sondern irgendwas, heißt Kämpiplatz.

Mein lieber Tiffi, nein, die Sonne hat mir nicht das Gehirn gekocht. 1983, nach der Geburt von Raphi, hat mein Papa mit mir Vater-Tochter-Urlaub auf einem Campingplatz bei Caorle gemacht. Ich habe versucht, eine Spur von damals zu finden, aber 36 Jahre sind eine lange Zeit, und dem Tagebuch einer Siebenjährigen lassen sich so gut wie keine konkreten Fakten entnehmen.

Klaus hat mir die Liebe getan und wir sind alle sieben Campingplätze abgefahren. Keiner schien zu dem Bild meiner Erinnerung zu passen, bis wir zum allerletzten kamen. Ich war mir unsicher: Kam mir da etwas vage bekannt vor, oder wollte ich nur einfach, dass es so war? Ich ging alleine hin, sah mich um. Der geteerte Vorplatz schien kleiner, aber ist nicht aus der Perspektive eines Kindes alles groß? Die gemauerten Apartments waren weg, an dieser Stelle steht jetzt ein Waschhaus. Hatte nicht der Weg direkt am Strand geendet, und jetzt wachsen dort Büsche? Und gerade als ich umkehrte und mich damit begnügen wollte, das „könnte sein“-Gefühl mit nach Hause zu nehmen, da schaute ich nach oben. Und da war er. Er hing kaputt und verwittert an seinem Mast und grüßte von oben: Ein uralter Lautsprecher. Unmittelbar vorher im Auto, als ich in den wenigen Erinnerungen gekramt hatte, die mir geblieben waren, da hatte ich Klaus erzählt, dass wir damals morgens von Radiomusik aus Lautsprechern geweckt worden waren. Mit Radiomusik aus diesem Lautsprecher, der scheinbar funktionslos vergessen dort hing und mein „könnte vielleicht“ in ein „hier war es“ verwandelte.

Und dann, wie die Sonne weg gewest is, bin is mit die Frausen und die Herrsen zu die gans große Sandkiste gegeht. Und die Jolie is auch da gewest und die Theresa und die Tom. Und is gar nis mehr verbietet gewest als ein Hund da zu sein. Hab is mit mein Jolie spielen getut und rennen und fangen und graben. Die Riesensandkiste is die beste Sache hier in die ganse Italienland. Und mit ohne die viele Menschen und die heiße Sonne is es total super da. Da is auch Wasser mit die Sandkiste mit dabei, heißt aber nis Wasser, heißt „Mehr“. Is klar, weil is mehr Wasser als anderstwo. Is die meiste Wasser, die wo is kenne, mehr als wie Padewannewasser und mehr als wie Teichwasser und sogar mehr als wie Sehwasser. Is aber schmutzis, die Mehrwasser, kann man nis trinken tun, is gans bitter auf die Zunge und total ekelis. Und is hab bisher noch jede Wasser getrinkt, auch die, wo die Frausen gemeint haben tut, täte schmutzis sein. Aber die Mehrwasser is sogar mis zu dreckis, die mag is nis trinken.

Das is, was heute gewest is, liebes Tagebuch. Bussi, Tiffi.